Haus der Arbeitsbewältigungsfähigkeit, Arbeitsfähigkeit

Haus der Arbeitsbewältigungsfähigkeit & work ability

Wurde unter Gesundheit im 19. Jahrhundert noch ausschließlich körperliche Gesundheit verstanden, so hat sich der Gesundheitsbegriff inzwischen erweitert: Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts kam die mentale Gesundheit hinzu. Die weitere arbeitswissenschaftliche und arbeitsmedizinische Forschung verwies anschließend darauf, dass weitere Faktoren für das Wohlbefinden und für die Gesundheit am Arbeitsplatz entscheidend sind. Die neueren Forschungen weisen hier insbesondere auf den Aspekt der Arbeitsbewältigungsfähigkeit hin, also auf das Zusammenspiel von Belastungen und Ressourcen, das letztlich bestimmt, ob eine Person ihre Arbeit bewältigen kann oder nicht.

Haus der Arbeitsbewältigungsfähigkeit

Das aktuell fortschrittlichste hierzu, das Haus der Arbeitsbewältigungsfähigkeit, wurde von von einem Wissenschaftlerteam des Finnish Institute of Occupational Health (FIOH) aus der Arbeit mit dem ABI/ WAI entwickelte. Dieses Haus der Arbeitsbewältigungsfähigkeit hat vier Stockwerke:

Haus der Arbeitsbewältigungsfähigkeit
Haus der Arbeitsbewältigungsfähigkeit, ArbeitsfähigkeitDas oberste Stockwerk beinhaltet die Themen, die klassischerweise in der betrieblichen Gesundheit betrachtet wurden: Die Organisationsstrukturen, die Arbeitsbedingungen einschließlich der Ergonomie und der Sicherheit, die Arbeitsinhalte, die Arbeitsumgebung, die Arbeitszeitregelungen, die Ergonomie. Hier werden die strukturellen Rahmenbedingungen für die betriebliche Gesundheit gesetzt.

Darunter, im zweiten Stockwerk, ist die Organisationskultur angesiedelt. Hier gibt es gewissermaßen zwei "Wohnungen": Die der Teamkultur und die der Führungskultur. Dies bezieht sich auf die Tatsache, dass sowohl die Kolleginnen und Kollegen als auch die Führungskräfte durch die Art und Weise der Kooperation und Zusammenarbeit und durch ihr Bereitstellen oder durch das Verweigern von sozialer Unterstützung großen Einfluss auf das Befinden der Beschäftigten haben. In diesem Stockwerk gibt es auch noch einen "Balkon", von dem aus der Blick auf das soziale Umfeld und die strukturellen gesellschaftlichen Bedingungen und Möglichkeiten offen steht. Hier spielen insbesondere auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die individuelle work-life-balance eine Rolle, denn: Ein mangelndes Gleichgewicht in diesem Bereich empfinden Beschäftigte ebenfalls als krankmachende Belastung. Sowohl die Teams als auch die Führungskräfte können gelingende Vereinbarkeit unterstützen. Insofern ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder die work-life-balance immer auch eine Frage der jeweiligen Unternehmenskultur.

Im ersten Stock ist die jeweilige Qualifikation der Beschäftigten und ihre professionelle Kompetenz angesiedelt, denn: Von ihrem Wissen und ihrer Kompetenz  - bezogen auf ihre jeweiligen Aufgaben - hängt es ab, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ein Gefühl der Überforderung, der Unterforderung oder aber in ein "Flowerlebnis" kommen.

Das Erdgeschoss bezieht sich auf die persönliche Gesundheit und auf die individuelle funktionelle Kapazität der jeweiligen Beschäftigten. Auch hier bestehen zwei Wohnungen: Die Wohnung der körperlichen Gesundheit und die der mentalen Gesundheit. Gesundheitliche Beeinträchtigungen in beiden Bereichen können zu Krankschreibungen führen.

Ist bei einer Person in allen "Stockwerken" alles in Ordnung, so dürfte eine gute Fähigkeit zur Arbeitsbewältigung gegeben sein. Ist die "Statik" aber nicht in Ordnung, so erleidet das Haus der Arbeitsbewältigungsfähigkeit schäden oder kann sogar einstürzen, also zur Krankschreibung führen.

Dieses Konzept nutzen wir in der Gesundheitsanalyse und gleichermaßen in der Entwicklung von verhältnispräventiven und verhaltenspräventiven Gesundheitsmaßnahmen.

 

Bildnachweis oben sowie Grafik: © M&P